Stellungnahme des NABU Hambergen zu den Protesten der Landwirtinnen und Landwirte

Die wirtschaftliche Lage und die aktuellen Sorgen der Landwirtinnen und Landwirte beeinflussen die ehrenamtliche Arbeit unseres überparteilichen Ortsverbandes mit seinen etwa 500 Mitgliedern. Mehr als die Hälfte der Flächen der Samtgemeinde Hambergen werden landwirtschaftlich genutzt. Wir verstehen die Landwirtinnen und Landwirte als Partner in der Naturschutzarbeit. Ihre Situation und ihre Proteste waren dieser Tage Thema eines Treffens von Vorstandsgremium und Mitgliedern.

Der NABU OG Hambergen versteht die Proteste und wünscht, dass die Bäuerinnen und Bauern einen auskömmlichen Verdienst haben. Einige von ihnen sind im NABU aktiv, andere unterstützen uns, auch wenn die Arbeit im Betrieb wenig Zeit für ehrenamtliches Engagement lässt. Aus deren Berichten erfahren wir, in welchen Nöten die Landwirtschaft seit Jahrzehnten steckt.

 

„Wachse oder weiche“ heißt es, die EU fördert das Größenwachstum und honoriert die Arbeit in der Landschaftspflege nicht oder nicht ausreichend. Von den etwa 6 Milliarden Subventionen von der EU und den 2,4 Milliarden vom Finanzministerium landet ein wesentlicher Teil bei den sehr großen landwirtschaftlichen Unternehmen. Kleinere Betriebe benötigen die Zuschüsse dringend, um über die Runden zu kommen. Viele Zuschüsse sind verbunden mit einem hohen zeitlichen und bürokratischen Aufwand. Nahezu alles muss dokumentiert werden. Der Mitteldeutsche Rundfunk wertete kürzlich aus, an wen die EU-Subventionen in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt in den zurückliegenden Jahren gingen. Dabei kam heraus, dass die Hälfte der Empfänger, darunter auch Großbetriebe, die Investoren wie z. B. ALDI – Nord gehören, den Hauptteil der Fördermittel erhalten, die andere Hälfte der Empfänger erhielt dagegen nur 2 Prozent.

Die Förderpolitik wird in der EU entschieden. Dort ist die Europäische Volkspartei (Vorsitz Manfred Weber, CSU) größte Fraktion. Der Vorsitzende des Bauernverbandes Joachim Rukwied (CDU), der jetzt zu den landesweiten Protesten aufrief, ist in vielen Funktionen tätig. Als Aufsichts- oder Beiratsmitglied ist er auch einigen Großunternehmen verpflichtet, darunter der Landwirtschaftlichen Rentenbank (LR), der R+V-Versicherung, der Baywa AG, der Südzucker AG oder dem Softwarehaus Land-Data. Insgesamt bringt es der DBV-Präsident laut Studie auf 18 Zusatzposten. Und er ist auch Präsident des Europäischen Bauernverbandes COPA, hat Zugang zu allen Sitzungen der Agrarminister und berät bei der Verteilung der Fördergelder. Das Ergebnis einer Untersuchung des NABU Bundesverbandes kommt zum Ergebnis, dass eine kleine Gruppe von Personen aus Politik, Bauernverband und Agrarwirtschaft viele Schlüsselpositionen besetzt hält. Das sei ein wesentlicher Grund dafür, weshalb Umwelt und Natur, Tierwohl, Gewässer- und Klimaschutz bei politischen Entscheidungen häufig auf der Strecke bleiben und mittlere und kleine Betriebe wie die in unserer Samtgemeinde in der Förderung den Kürzeren ziehen. Unser Bundesverband hat mehrfach die Frage gestellt, ob Herr Rukwied wegen dieser Ämterhäufung wirklich die Interessen der großen Mehrheit der bäuerlichen Bevölkerung vertreten kann. Sie blieb unbeantwortet.

Der NABU ist eine demokratische Organisation in einem demokratischen Staat. Diese Demokratie erlaubt es jedermann, in Parteien, Verbänden, bei Facebook oder auf Kundgebungen Druck auf die Regierenden auszuüben. Es gehört dazu auch, dass man andere Meinungen als gleichrangig betrachtet, dass man Mehrheiten akzeptiert, Minderheiten schützt und einander nicht bedroht. Vielleicht liegt es in der Natur des Menschen, nach Sündenböcken und einfachen Antworten zu verlangen. Der Angriff auf Herrn Habeck (Grüne), den Herr Rukwied (CDU) deutlich verurteilt hat, und auch die Bedrohung der niedersächsischen Ministerin Frau Staudte (Grüne) an ihrem Wohnort in Lüneburg sind aus unserer Sicht erschreckende Vorkommnisse. Die Parteien der Ampel scheinen der Hauptfeind einer radikalisierten und von Demokratiefeinden beeinflussten Gruppe zu sein; sie sind in im Bund erst seit kurzer Zeit in Regierungsverantwortung. Auf die Agrarpolitik der vergangenen Jahrzehnte hatten sie bekanntlich nur wenig Einfluss.

 

Eine weitere Regel der Demokratie lautet: Vor dem Gesetz sind alle gleich. Bei den unserer Meinung nach strafrechtlich relevanten Vorkommnissen an der Fähre wurden nach Presseberichten nicht einmal Personalien der mutmaßlichen Täter aufgenommen. Die friedlichen Straßensperren in Folge der bäuerlichen Protestaktionen werden als legitim zur Kenntnis genommen. Hingegen wurden die sog. Klimakleber, die zwar niemanden bedrohten, ihre Proteste aber nicht anmeldeten und vielen auf die Nerven gingen, weil sie den Verkehr lahmlegten, in Haft genommen. Gegen sie wird wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermittelt.

Der NABU Hambergen freut sich auch auf ein weiterhin gutes und erfolgreiches Miteinander zum Erhalt der Schönheit und Vielfalt in der Natur und wird sich weiterhin dafür einsetzen, den Zusammenhalt in unseren Dörfern zu fördern.

 

Das Vorstandsgremium

Heiko Ilchmann, Sprecher

Nicole Dekker

Burkhard Hoffmann

Manfred Kück

Frank Martin

Jürgen Röper